Zwischen Leidenschaft und Strategie

Yannick Schmidt, Sänger, Gitarrist und Aushängeschild von Black Mount Rise. Bild: Janosch Tröhler

Wir sind der Einladung von Black Mount Rise gefolgt und haben die Band in ihrem Hauptquartier in Düdingen besucht. Wir wurden überrascht.

Es ist ein trüber und grauer Freitag. Ein kalter Wind weht draussen, im Einkaufszentrum glüht die warme Weihnachtsbeleuchtung. Es ist ein schrecklich hässlicher Bau aus den 70ern. Nein, Düdingen ist kein Ort, mit dem man Rock’n’Roll verbindet.

Trotzdem führt mich Yannick Schmidt, Sänger von Black Mount Rise, in die Katakomben des grässlichen Gebäudes. Vorbei an Gartentischen, vergitterten Kellerabteilen und Toiletten – hinein in den gemütlichen Proberaum der Band. Die kalten Betonmauern sind mit hellem Täfer und dämpfenden Stoffmatten ausstaffiert. Neben dem Schlagzeug stehen zwei weiche Sofas in der Ecke. Einen provisorischen Regieraum haben die Musiker eingebaut.

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Wie stellt man sich das Zentrum einer Rockband vor? Chaotisch, versifft und vollgestopft mit allerlei Obskuritäten. Doch der Hort von Black Mount Rise ist das komplette Gegenteil: sauber, ordentlich und fast schon spiessig.

«Wir mögen es aufgeräumt», sagt Yannick und offenbart die Art und Weise, wie sie Musik machen: auf höchstem Niveau professionell. Und er serviert kein Bier, sondern kredenzt Kaffee und stilles Wasser. Irgendwann sind die Zeiten chaotisch-jugendlichen Übermuts halt vorbei.

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Die Vorproduktion für das im Februar erscheinende Album Curtains Falling fand in diesem Kellerraum statt, jeden der zwölf Songs nahmen sie hier auf. Danach reiste die Band nach Hamburg, um die Stücke live einzuspielen. Sony Music vermittelte ihnen dort aufstrebende Produzenten, wie ihr Manager David Aebischer erzählt. Den ganzen September nahmen sie sich Zeit dafür.

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David Aebischer, Manager von Black Mount Rise
David Aebischer, Manager von Black Mount Rise

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Nun stellen sie das Artwork für Curtains Falling fertig. Jeder Song erhält eine Zeichnung, die die Stimmung aufnehmen soll. Und jeder erhält ein eigenes Video. «Das Handgemachte ist uns wichtig», meint Yannick, «Für das Video von Lucid Dream waren wir den ganzen Sommer am Zeichnen und aufnehmen.»

Yannick schmeisst die Soundanlage an, um Negative White einen ersten, exklusiven Eindruck von Curtains Falling zu geben. Zu Dilemma schrieb ich vor einigen Wochen, dass Black Mount Rise wie U2 klingen – nur besser. Nun, da ich das Album in voller Länge geniessen konnte, ist mir klar: Die Band hat eine Handschrift. Jeder Song trägt sie prominent. Die Songs sind hart, schnell. Der Bass dröhnt satt, die Gitarren schneiden durch die dichten Arrangements. Die Drums haben Drive, flirten mit dem Metal. Doch nur die unglaublich gute Stimme machen die Songs erst wirklich einzigartig. Hin und wieder schälen sich die grossen Melodien aus der überwältigen Sound-Wand heraus, etwa bei Drown The Sun. Und das Album beherbergt – zum Glück – nur zwei reine Hardrock-Balladen. Die anderen Tracks krachen gewaltig, live müssen sie ein grelles Feuerwerk erzeugen.

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Doch live gespielt haben Black Mount Rise noch nie. Sie warten ab, bis das Album da ist, und proben bis dahin ununterbrochen. Yannick und Drummer Tobias üben drei- bis viermal in der Woche. Dann und wann kommen auch Micki und Alex, die beide in Deutschland leben, dazu. Die geographische Situation lässt es nicht anders zu. Wenn es dann aber auf die richtigen Shows zugeht, dann wollen sie eine Halle mieten. Die Konzerte werden durchgespielt, samt Licht und Ton. Nichts wird hier dem Zufall überlassen. Professionalität eben.

«Das Kreative muss aber aus dem Bauch gekommen», fügt David Aebischer an. Dafür planen sie alles rundherum bis ins letzte Detail durch. Es wird investiert, alles andere würde keinen Sinn ergeben. Man macht es richtig oder gar nicht, sind sich David und Yannick einig. Kompromisse, nein danke. Erwartungsdruck hat man trotzdem nicht, schliesslich ist es das erste Album. «Erfolg kann man nicht planen. Aber überall Vollgas geben», sagt Aebischer.

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Tobias Schaller, Drummer der Band

Durchgetaktete Leidenschaft? Ich bin skeptisch. Doch der Sound von Black Mount Rise ist verdammt stark. Wenn sie keine Kompromisse eingehen, dann am wenigsten in der Musik. Und diese ist alles andere als Massenware: Es ist astreiner Rock.

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Curtains Falling mutet wie ein Konzeptalbum an. Allerdings ist jeder Song in sich geschlossen, die Reihenfolge auf der Scheibe ist Nebensache. Trotzdem verbinden sich die Stücke – auf lyrischer Ebene – und werden einer Einheit. Zum Beispiel die Ballade Apart & Astray, in der Anette Olzon mitsingt: Der Song heisst zwar Apart & Astray, doch diese Worte fehlen im Songtext. Dafür treten sie in einem anderen Song auf. Ein interessantes Konzept.

Das Album ist schwer, düster, «aber trotzdem hoffnungsvoll», meint Yannick mit einem Lächeln. Wenn er die eigene Musik hört, öffnet sich vor seinem inneren Auge der weite Horizont. Er steht auf einer hohen Klippe, unter ihm tost die dunkle, aufgewühlte See.