Wenn der Rennweg zum Runway wird

Die erste Zürcher «Lange Nacht der Mode» verwandelte den Rennweg in einen mehr als 100 Meter langen Laufsteg. Die Modenschau bot vielen Geschäften die Möglichkeit, ihre Frühlings und Sommerkollektionen vorzustellen. Projektionen des bekannten Lichtkünstlers Gerry Hofstetter an die wunderschönen Altbautenunterstützten das spezielle Ambiente. Nach der  Show konnten sich die zahlreichen Besucher in den vertretenen Geschäften mit Cocktails und professioneller Beratung verwöhnen lassen. 

Um 17:30 war der Rennweg bereits komplett von modebegeisterten Leuten bevölkert, die gespannt auf die gross angekündigte Fashionshow warteten. Um 17:45 ging es dann endlich los. Gerry Hofstetter, der die Show künstlerisch untermalen sollte, begrüsste die Gäste. In den darauf folgenden 45 Minuten präsentierten verschiedenste Marken ihre Produkte. Darunter waren zum Beispiel Modehäuser wie Calida, Tabou-Beachwear, Navyboot oder Schild. Die eher unprofessionellen wirkenden Models präsentierten die Kleidung tanzend, auf dem Motorrad, in schicken Autos oder zu Fuss.
An dieser Show erinnerte kaum etwas an die Laufstege der Fashion-Weeks. Weder size-zero Models noch völlig ernste, «straighte» Walks wurden hier gesehen. Falls man grosse Erwartungen hatte und tatsächlich gekommen ist, um Mode zu sehen, war man hier falsch. Die als «spektakuläre Lifestyle-Modenschau» angepriesene Vorstellung glich eher einer Fasnachtsparade. Die gezeigten Kleider waren grösstenteils unspektakulär. 

Falls man aber seine Erwartungen etwas heruntergeschraubt hatte, merkte man bald, dass die Show zum Publikum passte. Jung und Alt bewegten am Strassenrand dezent die Hüften zu Hits wie Paparazzi, lateinamerikanischen Rhythmen und klassischen Klängen. Diese Zuschauer wollten gar nicht unbedingt ausgehungerte, ernste Modelgesichter sehen. Die Stimmung war locker und fröhlich. Ich wunderte mich, wie viele ältere Leute den doch eher lauten und modernen Anlass besuchten. Das Publikum war ausserdem multikulturell. Neben mir unterhielten sich mehrere Leute auf Spanisch und auf der anderen Seite des Rennweges jubelte eine Gruppe Asiaten, als die Helikopterkamera sich zu ihnen hinabbewegte.

Für die zahlreichen Hobby- und professionellen Fotografen waren die Bedingungen nicht gerade einfach. Der Weg wurde nur durch farbige Lichtstreifen am Boden beleuchtet. Interessant waren auch die Lichtspiele von Gerry Hofstetter. Er projezierte verschiedene Muster an die Wände der Häuser des Rennweges und hüllte sie in ein völlig neues Gewand.

Gegen Ende der Show wurden die Leute langsam ungeduldig. Die Looks waren dann doch zu gewöhnlich, um einen noch länger frieren zu lassen. Ich hörte hinter mir das, was auch ich dachte: «Ez langets denn aber öppe.» oder «So mached fertig jetzt,»
Einige gingen bereits früher. Die Vorstellung hätte also gut und gerne eine Viertelstunde kürzer sein können. Da half auch Christa Rigozzi, Alina Buchschacher oder die GC-Mannschaft nicht, die den Laufsteg bewältigten.

Die Modenschau endete, wie er begonnen hatte, mit der Polizeimusik Zürich-Stadt. Der Auftritt unterstrich das Fasnachtsfeeling noch stärker. Wir machten uns also auf den Weg zu den Läden. Im Jelmoli bekamen wir ein Gläschen Sekt und mischten uns unter die Leute, die wacker shoppten und plauderten. Fast in jedem Geschäft spielte ein DJ Musik, in Tanzstimmung waren die Leute jedoch nicht wirklich. Die Verkäufer und Verkäuferinnen waren alle top gestylt, viele hatten für ihr Geschäft gemodelt. Ich entdeckte aber auch viele stilsichere Besucher, die die Freude an Mode ausstrahlten.

Das Fazit zur «Langen Nacht der Mode» lautet: Eine richtige Modenschau war das nicht. Zweck der Veranstaltung war die Werbung. Trotzdem hat sich der Besuch gelohnt. Die Stimmung war toll und der Event bot definitiv eine Plattform für modebewusste Menschen.

Fotos: Chiara Zarotti

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