Der Ausschluss der Touristen im Victorian Village

Für die Rüschenfraktion gab es dieses Jahr  am WGT mehr als einen Event, um im Zauber des Historisch-Romantischen zu lustwandeln. Für die Leipziger Touristen sind Parks voller Vampirkonkubinen und nobler Freaks natürlich ein Traum. Für die Gothics nicht unbedingt. 

Elegantes Lustwandeln im Park am Viktorianischen Picknick. Bild: MinjMaus

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Berühmt ist natürlich das viktorianische Picknick, das bisher so ein Erfolg war, dass eine ähnliche Veranstaltung ins Leben gerufen wurde: das Victorian Village.

Ich selber war nicht dort, habe aber mit Leuten gesprochen, die den Event besucht haben. Die Stimmen waren gemischt.

«Es war sehr stilvoll», sagt ein Herr in Damenkleidung. «Vor allem das Cellistinnen-Duo hat mir sehr gefallen. Danach kam ein zweites Ensemble mit Piano und Gesang. Das auf einer Picknickdecke in diesem schönen Park zu hören war sehr stimmig.»

Wohlgewandet in idyllischer Umgebung: Für viele ist das Viktorianische Picknick das Highlight des WGTs. Bild: MinjMaus

Eine Festivalbesucherin in vampireskem Outfit ist kritischer. Anfangs hätte man einfach alle rein gelassen, erzählt sie, obwohl im Vorfeld ein Dresscode kommuniziert worden sei. «Als dann ein Bus voller Touristen ankam, haben die Veranstalterinnen dafür gesorgt, dass keine «Normalen» mehr in den Park kamen. Die standen dann alle draussen mit ihren Kameras und haben darauf gelauert, ein paar gestylte Gothics vor die Linse zu kriegen.»

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Farblich aufeinander abgestimmte Outfits sind bei Paaren oder Gruppen am WGT keine Seltenheit. Bild: MinjMaus

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Diese Abschottung kam bei den Festivalbesuchern grösstenteils sehr gut an, denn die meisten sind nicht wahnsinnig glücklich darüber, dass das WGT mittlerweile als «attraktiv» für Foto-Touristen gilt.

Natürlich gibt es viele Extrovertierte oder auch Künstler, die viel davon haben, wenn sie ihre Styling-Kreationen in der Leipziger Innenstadt vorführen können. Die Strassen werden so zum Laufsteg.

Gothics als Touristenattraktion

Aber nicht jeder ist Designer, und nicht jeder hängt der dress to impress-Ideologie an. Manche ziehen sich einfach so an, weil sie jetzt endlich mal so rumlaufen dürfen, wie sie es immer täten, wenn die gesellschaftlichen Normen lockerer wären. Diese Festivalbesucher möchten nicht auf Schritt und Tritt (ungefragt) fotografiert werden.

«Oh mein Gott, ihr seid so anders/schön/krank/krass!» Die Schwarze Szene lockt für Leipzig Touristen an. Bild: MinjMaus

Ein weiteres Problem bei den ganzen Schaulustigen ist auch der Platz. Zum WGT kamen 21’000 Gäste nach Leipzig. Dieses Jahr fielen einige der grossen Locations aus, der Kohlrabizirkus beispielsweise ist einsturzgefährdet. Viele der kleineren Clubs kämpfen auch ohne eine Flut von Touristen damit, all die schwarz Gewandeten aufzunehmen – und mich persönlich stösst die Sensationsgier in den Augen der Fotografen auch sehr ab. Gemäss dem Motto: Wenn du so auf den Gothic Look stehst, solltest du dich vielleicht einfach selber so anziehen, statt auf der Strasse Passanten zu belästigen oder fasziniert auf dem Dach der Moritzbastei sitzen und uns anstarren, während wir einen Met trinken, eine Zigarette rauchen oder eine Bratwurst essen!